# Nr. 18 – Frühlingsgefühle

Lilly steht auf dem Balkon ihrer Mädchen-WG, begutachtet die Pflanzen, die wegen des späten Frostes den Winter nicht überlebt haben. Sie niest. Auch wenn ihre Balkonpflanzen ins Gras gebissen haben, gibt der restliche Frühling Gas. Ob Eduard Mörike sich damals schon Gedanken über Heuschnupfen gemacht hat? Wohl kaum. Lilly setzt sich auf die neuen Balkonmöbel, nimmt einen Schluck ihres Aperol Spritz und zündet sich eine Zigarette an. Lillys Gedanken schweifen. Sie denkt über den letzten Frühling nach und ihr kommt wieder der Rocker in den Sinn, der ihr damals ziemlich den Kopf verdreht hat. Der Rocker wollte sie so gerne wiedersehen, doch Lilly hat dicht gemacht. Aber er spukt ihr doch immer wieder im Kopf herum. Warum hat sie sich nach der netten Nacht, in der sie in Löffelchenstellung und ohne, dass was zwischen ihnen lief, außer ein bisschen Knutschen nicht mehr bei ihm gemeldet? Keine Ahnung. Die olle Schisserin. Er war toll. Einfach nur toll und hat ihr in seinen SMSen geschrieben und auf die Mailbox gesprochen, dass er sie unbedingt wieder sehen möchte. Doch sie hat abgeblockt. Alles. Sicher hat er mittlerweile eine andere Flamme, wie es bei Rockern eben immer so ist. Sie nimmt noch einen Schluck aus ihrem Glas und atmet tief die Schmetterlinge ein, die der Frühling so mit sich bringt. Sie muss erneut niesen – doch die Schmetterlinge setzen sich in ihrem Bauch fest. Sie kramt nach ihrem Handy – die Nummer des Rockers hat sie direkt und der Aperol Spritz tut seine Wirkung. Sie drückt auf „Anruf“ und keine zwei Sekunden später ist er dran. „Ähm, ja, also, hallo hier ist Lilly“ stammelt sie „ich dachte mir, ja, also äh,…“ er unterbricht sie. „Hey Lilly, schön von Dir zu hören, hast dir ja ziemlich viel Zeit gelassen – mit dem Anruf.“ „Ja, also, ähm, ich hatte viel zu tun und ja, also, ich wollte mal fragen…!“ stammelt sie vor sich hin. Der Rocker beginnt zu lachen „Ja, ich würde mich immer noch freuen, dich wieder zu sehen. Ich hab nach dem gefühlt 100ersten Anruf und der 100ersten SMS aufgegeben – aber ich würde mich sehr freuen, dich zu treffen. Wenn du das grade sagen wolltest?“ knickt er in seiner Euphorie etwas ein. Lilly nickt, stumm. Nimmt einen Schluck, zieht an ihrer Zigarette: „Ja, genau, das wollte ich fragen. Hast du morgen Abend schon was vor?“ Wie aus der Pistole geschossen ertönt ein „Nein – morgen Abend passt super. Um acht, am Hafen, wenn das Wetter schön ist?“ – „Ja, sehr gerne!“ Lilly legt auf. Schüttelt den Kopf und zündet sich noch eine Zigarette an.

Ein Gedanke zu „# Nr. 18 – Frühlingsgefühle

  1. „Warum hat sie sich nach der netten Nacht, in der sie in Löffelchenstellung und ohne, dass was zwischen ihnen lief, außer ein bisschen Knutschen nicht mehr bei ihm gemeldet?“ Dieser Satz bedarf sicher noch der Überarbeitung.

    Aber ansonsten: Eine kleine in ihrer Unmittelbarkeit und Alltäglichkeit durchaus berührende Kurzgeschichte, und trotz (oder gerade wegen?) des artifiziellen Product-Placements auf sympathische Weise beim Leser „einrastet“. Weiter so!

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